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Schutzkonzept zur Prävention sexualisierter Gewalt

Prävention, Intervention, Hilfe und Aufarbeitung

Das Schutzkonzept ist ein umfassendes Konzept zur Prävention sexualisierter Gewalt. Es zielt darauf ab, vertrauensvolle und sichere Räume zu schaffen, in denen Respekt, Würde und der Schutz aller Menschen sowie eine Kultur der Achtsamkeit im Mittelpunkt stehen. Es verpflichtet alle Verantwortlichen zur aktiven Prävention gegen sexualisierte Gewalt. Schritte zur Identifikation von Risiken und Entwicklung von Schuzmaßnahmen sowei die Unterstützung von Betroffenen werden festgelegt. Die Bedeutung von Aufarbeitung wird beschrieben.

Das Schutzkonzept besteht aus einem grundsätzlichen Teil (Schutzkonzept) und Risiko- und Ressourcenanalysen für konkrete Handlungsfelder und Einrichtungen. 

siehe auch: Grundsätze für die Prävention, Intervention, Hilfe und Aufarbeitung in Fällen sexualisierter Gewalt in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers

Schutzkonzept im Wortlaut

Im Kirchenkreis Melle-Georgsmarienhütte mit den zugehörigen Kirchengemeinden und Einrichtungen schaffen wir Orte, in denen Menschen aller Generationen und individueller Bedürfnisse, auch hinsichtlich ihrer Identität und sexueller Orientierung, von der positiven Kraft der christlichen Religion erfahren können und diese leben dürfen. Die Kraft der Liebe Gottes wird vor allem in einer gelingenden Gemeinschaft deutlich. Daher ist das Vertrauen, dass Menschen sich in gegenseitigen Beziehungen schenken, wesentlich und muss tragfähig sein, damit Leben gelingt. Die christliche Einsicht in die Freiheit und Würde jedes einzelnen Menschen verpflichtet uns dazu, konsequent für die Rechte und das Leben von Menschen einzutreten und ihnen Respekt und Achtung entgegenzubringen. Wo wir in dieser Weise das in uns gesetzte Vertrauen achten, stärken wir bei den Menschen, die sich uns öffnen, das Vertrauen in die eigene Person, ins Gegenüber und das Vertrauen in Gott. Es muss also ein sensibler und achtsamer Umgang miteinander in der Haltung aller verankert sein, um unsere Gemeinden und Einrichtungen, die Evangelische Jugend, den Kirchenkreis Melle-Georgsmarienhütte und die ganze Landeskirche Hannovers zu einem sichereren Raum zu machen. Im Bereich der Gewaltprävention gehören Sensibilisierung, Qualifizierung und Handlungssicherheit zu den wichtigen Bausteinen.
Alle Verantwortlichen in den oben genannten Organisationsformen leben eine Grundhaltung, die von Vertrauen untereinander geprägt ist und mit dem sorgfältig umgegangen wird. Diese Grundhaltung zeigt sich in der Überzeugung, dass Menschen im Sinne eines christlichen Menschenbildes als von Gott geliebte Menschen einzigartig und bedeutsam sind.

Ein besonderer Schwerpunkt in den Organisationen im Kirchenkreis Melle-Georgsmarienhütte liegt auf den Menschen, die auf Hilfe und Unterstützung anderer im Wachsen und Werden angewiesen sind.

Deshalb ist im vorliegenden Konzept zur Prävention, Intervention und Aufarbeitung sexualisierter Gewalt die Frage, wie wir unsere Kinder und Jugendlichen stark machen können für ein gelingendes und selbstbestimmtes erfüllendes Leben, immer wieder Ausgangspunkt und Brennpunkt unserer Überlegungen und Handlungen.

 

Für alle Verantwortlichen im Kirchenkreis Melle-Georgsmarienhütte ist es eine Verpflichtung, diese Grundhaltung zu leben und umzusetzen.

 

Diesem Schutzkonzept liegen die Grundsätze für die Prävention, Intervention, Hilfe und Aufarbeitung in Fällen sexualisierter Gewalt in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers in der Fassung vom 26. Januar 2021 zugrunde.

Danach müssen
1. alle, die mit Kindern, Jugendlichen und Schutzbefohlenen arbeiten, sowie diejenigen, die Leitungsverantwortung tragen, sich individuell mit dem Thema auseinandersetzen sowie
2. alle Kirchengemeinden und Einrichtungen ein jeweils eigenes Schutzkonzept erstellen.

Grundsätzliches Ziel des Schutzkonzeptes ist es, jegliche Form von Gewalt und insbesondere sexualisierter Gewalt im Ev.-luth. Kirchenkreis Melle-Georgsmarienhütte unmöglich zu machen und dadurch alle Personen im Arbeitsbereich des Kirchenkreises vor Gewalt zu schützen.

Um dies zu erreichen

  • finden offene und sensible Auseinandersetzungen mit dem Thema Grenzverletzung und
  • sexualisierte Gewalt verpflichtend statt.
  • werden gezielt Schulungen auf Grundlage eines sexualpädagogischen Konzepts angeboten
  • und verpflichtend durchgeführt.
  • werden lokale Schutzkonzepte aufgrund einer Risiko- und Ressourcenanalyse erstellt.
  • wird durch die breite Debatte und die vertiefende Umsetzung des Schutzkonzeptes auf allen Ebenen kirchlichen Handelns Täter*innen der Zugang in die entsprechenden
  • Arbeitsbereiche verwehrt.
  • werden Beschwerdewege und kompetente Unterstützung für Betroffene bereitgestellt und
  • den lokalen Ebenen Informationen und Beratungshilfen zur Verfügung gestellt.
  • wird ehrenamtlichen und beruflichen Mitarbeitenden zugesichert, dass sie verlässlich geschützt und unterstützt werden, wenn sie in ihrem kirchlich-ehrenamtlichen und beruflichen Kontext Gewalt ausgesetzt werden.

Falls Betroffene dennoch Gewalt erleiden mussten, ist es unser Ziel, konsequent hinzuschauen, sensibel zu handeln und die bestmögliche Unterstützung für Betroffene zu gewährleisten.

2.1 Sexualisierte Gewalt
Sexualisierte Gewalt meint jedes Verhalten, das alters- und geschlechtsunabhängig die Intimsphäre verletzt und gegen den Willen der betroffenen Person geschieht oder auch unter Umständen, in denen diese aufgrund ihrer körperlichen, seelischen, sprachlichen oder geistigen Unterlegenheit und unter Ausnutzung einer Machtposition nicht zustimmen kann.

2.2 Grenzverletzungen
Zu Grenzverletzungen zählen grenzüberschreitende Umgangsweisen sowie grenzüberschreitende, unprofessionelle Interventionen und Machtmissbrauch in Abhängigkeitsverhältnissen.

Beispiele für Grenzverletzungen sind:

  • Missachtung der Intimsphäre
  • grenzüberschreitende Berührungen
  • einmalige/seltene Missachtung eines respektvollen Umgangsstils (z. B. öffentliches Bloß stellen, persönlich abwertende und rassistische Bemerkungen)
  • Machtmissbrauch durch sexuelle Handlungen
  • sexistische Äußerungen

2.3 Sexuelle Belästigung
Als sexuelle Belästigung gilt jede Verhaltensweise mit sexuellem Bezug, die von einer Seite unerwünscht ist und die eine Person in ihrer Würde verletzt. Sie kann in Worten, Gesten oder Taten ausgeübt werden und ist ein schwerwiegender Eingriff in die Persönlichkeitsrechte und die Würde der betroffenen Person.
Die Grenze zwischen harmlosem Flirt, freundschaftlichem Umgang und sexueller Belästigung scheint auf den ersten Blick schwierig zu ziehen. Es gibt jedoch eine einfache Regel: Ausschlaggebend ist nicht die Absicht der handelnden Person, sondern was ihr Verhalten bei der anderen Person auslöst. Es ist entscheidend, ob die agierende Person damit der anderen zu nahetritt oder nicht.

Beispiele für sexuelle Belästigung sind:

  • unerwünschte Körperkontakte und aufdringliches Verhalten gegenüber Mitarbeitenden, Kindern und Jugendlichen, weiteren Schutzbefohlenen
  • anzügliche und zweideutige Bemerkungen über das Äußere von Mitarbeitenden, Kindern und Jugendlichen, weiteren Schutzbefohlenen
  • sexistische Sprüche und Witze über sexuelle Merkmale, sexuelles Verhalten und die sexuelle Orientierung von Mitarbeitenden und Jugendlichen, weiteren Schutzbefohlenen
  • Annäherungsversuche, die mit Versprechen von Vorteilen oder Androhen von Nachteilen verbunden sind
  • Vorzeigen von pornografischem Material gegenüber Mitarbeitenden, Kindern und Jugendlichen, weiterer Schutzbefohlener

2.4 Sexueller Missbrauch/Sexualisierte Gewalt
Sexueller Missbrauch bezeichnet sexuelle Handlungen, die nicht im gegenseitigen Einverständnis geschehen. Täter*in und Betroffenen können grundsätzlich sowohl minderjährig als auch volljährig sein. Häufig besteht ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Täter*in und Betroffenen.
Unter sexuellem Missbrauch von Kindern und Jugendlichen versteht man ihre Beteiligung an sexuellen Handlungen, die sie aufgrund ihres Entwicklungsstandes nicht verstehen, dazu kein wissentliches Einverständnis geben können und zur sexuellen Befriedigung eines nicht Gleichaltrigen oder Erwachsenen dienen. Sexuellen Missbrauch kann es auch zwischen Gleichaltrigen geben.
Der Begriff „sexueller Missbrauch“ wird heutzutage häufig durch den Begriff der „sexualisierten Gewalt“ ersetzt, um deutlicher hervorzuheben, dass es sich hier um Missbrauch und nicht um Sexualität handelt.

Strafbestände für sexuellen Missbrauch sind:

  • sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen (§174 StGB)
  • sexueller Missbrauch von Kranken und Hilfebedürftigen in Einrichtungen (§174a StGB)
  • sexueller Missbrauch unter Ausnutzung eines Beratungs-, Behandlungs-, oder Betreuungsverhältnisses (§174c StGB)
  • sexueller Missbrauch von Kindern (§176 StGB)
  • sexueller Missbrauch von Jugendlichen (§182 StGB)
  • sexuelle Nötigung / Vergewaltigung (§177 StGB)
  • Beispiele für sexuellen Missbrauch sind:
  • Für § 174 bzw. 182: Die Gruppenleitung nimmt sexuelle Handlung an einem fünfzehnjährigen Teilnehmenden vor.
  • Für § 176: Ein 18-jähriger ehrenamtlicher Teamer nimmt sexuelle Handlungen an einer 13-jährigen Teilnehmerin vor.

2.5 Schutzbefohlene
Schutzbefohlene im Sinne dieses Schutzkonzeptes sind alle Kinder und Jugendlichen sowie volljährige Personen in Abhängigkeitsverhältnissen wie z. B. Praktikant*innen, Auszubildende, FSJ-ler*innen, Bundesfreiwilligendienstleistende sowie Personen in Seelsorge-, Beratungs-, Betreuungs- und Pflegesituationen.
Nach dem deutschen Strafgesetzbuch § 225 sind Schutzbefohlene definiert als Personen unter 18 Jahren oder wegen Gebrechlichkeit oder Krankheit wehrlose Personen, die der Fürsorge oder Obhut einer anderen Person unterstehen, deren Hausstand angehören, von dem Fürsorgepflichtigen deren Gewalt überlassen worden oder im Rahmen eines Dienst- und Arbeitsverhältnisses dieser untergeordnet ist.

Folgende Grundsatzerklärung wurde auf der Kirchenkreissynode am 24.09.2024 beschlossen:

Grundsatzerklärung
des Ev.-luth. Kirchenkreises Melle-Georgsmarienhütte gegen Gewalt

Der Ev.-luth. Kirchenkreis Melle-Georgsmarienhütte, dessen Superintendent, Leitungsgremien und -personen sowie die Mitarbeitendenvertretung, haben sich auf eine Grundsatzerklärung gegen Gewalt verständigt.

Gemeinsam werden alle geeigneten Maßnahmen unternommen, um das Auftreten von Gewaltvorfällen und Gefährdungen von Mitarbeitenden, Schutzbefohlenen und allen anderen Personen in unserem Verantwortungsbereich zu vermeiden. Diese Maßnahmen formulieren die Haltung des Ev.-luth. Kirchenkreises Melle-Georgsmarienhütte gegen Gewalt und für den Schutz aller Menschen in sämtlichen Arbeitsbereichen. Grundsätzlich sollen die Grundsätze der gewaltfreien Kommunikation berücksichtigt werden.

Im gesamten Ev.-luth. Kirchenkreis Melle-Georgsmarienhütte gilt daher:
KEINE TOLERANZ BEI GEWALT!

Zum Schutz aller Personen in unserem Verantwortungsbereich dulden wir keinesfalls

  • Jede Form körperlicher und psychischer Gewalt
  • Ausdruck von Gewaltfantasien
  • Sexuelle Übergriffe und verbale sexuelle Belästigung
  • Bedrohungen und Beleidigungen
  • Verleumdung und üble Nachrede
  • Stalking, Mobbing und Bossing
  • • Sachbeschädigungen

Erklärung

  • Für Maßnahmen gegen Gewalt werden erforderliche fachliche, organisatorische und finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt.
  • Betroffene von Gewalt erhalten unseren Schutz und unsere Unterstützung.
  • Für Täter*innen hat Gewaltausübung unmittelbare strafrechtliche Konsequenzen.
  • Alle Mitarbeitenden, insbesondere die Leitung, sind für die Umsetzung erforderlicher und verabredeter Maßnahmen gemeinsam verantwortlich.

Eine Steuerungsgruppe zur Erstellung eines Schutzkonzeptes und zur Begleitung der Einrichtungen wurden von der Kirchenkreissynode am 25.01.2022 eingesetzt und arbeitet seitdem kontinuierlich an diesem Prozess. Diese löst sich nach Beschluss des Schutzkonzeptes in der Kirchenkreissynode auf.

Ein Kernpunkt in der Präventionsarbeit ist die Erarbeitung und Umsetzung von Schutzkonzepten. Zwingend notwendig ist eine individuelle Auseinandersetzung jeder Person, die aktiv mit Kindern, Jugendlichen oder Erwachsenen in Abhängigkeitsverhältnissen arbeitet und/oder Leitungsverantwortung trägt. Dabei ist es notwendig, sich mit allen Konsequenzen und ernsthaft in einen Prozess zur Entwicklung eines Präventionskonzeptes zu begeben. Ein solcher Prozess ist auch immer als Qualitätsentwicklungsprozess zu sehen.

Die Schutzkonzepte in Kirchenkreis, Gemeinden und Einrichtungen sind nur vollständig mit aktueller Risiko- und Ressourcenanalyse. (Abschnitt 6 und Anlage 2)

5.1 Kirchengemeinden
Jede Kirchengemeinde muss ein eigenes Schutzkonzept entwickeln und beschließen. Dies kann und soll auf der Grundlage des Konzeptes des Kirchenkreises geschehen. 

Der Kirchenkreis stellt dafür folgende Ressourcen zur Verfügung: 

  • Das Schutzkonzept des Kirchenkreises mit seinen Anlagen wie z. B. dem Muster sowie einem Beispiel für eine Risiko- und Ressourcenanalyse.
  • Grundschulung für alle Personen, die Verantwortung für die Prävention sexualisierter Gewalt übernehmen
  • Hinweise zur Erstellung der Risiko- und Ressourcenanalyse
  • Fortbildungen zur Sensibilisierung für das Thema sexualisierte Gewalt

Ein fertiges Schutzkonzept ist dem Kirchenkreisvorstand bis zum Herbst 2024 einzureichen und danach regelmäßig zu überprüfen und ggf. zu überarbeiten, spätestens nach drei Jahren und bei jeder  Visitationen. Inhaltliche Abweichungen vom Schutzkonzept des Kirchenkreises sind darzulegen.

5.2. Einrichtungen und Arbeitsbereiche
Die Kindertagesstätten in Kirchenkreis Trägerschaft erarbeiten eigene Schutzkonzepte. Die dort nicht organisierten Kindertagesstätten sind durch die Kirchengemeinden aufgefordert, eigene Schutzkonzepte zu erarbeiten.
Von der Steuerungsgruppe des Kirchenkreises Melle-Georgsmarienhütte werden weitere  Arbeitsbereiche identifiziert, diese werden als Checklisten (siehe in Anlage 1 „Erstellung Schutzkonzept KK MGMH - Informationen für KG, Einrichtungen und Dienste“) den Gemeinden ebenfalls zur Verfügung gestellt. 

Die Risikoanalyse ist die Basis eines Schutzkonzepts und dient dazu, die besonders gefährdeten und sensiblen Bereiche im Umgang mit Schutzbefohlenen in den Institutionen und Einrichtungen zu identifizieren. Sie sorgt für Sensibilisierung der ehrenamtlichen und beruflichen Mitarbeitenden und vollzieht sich partizipativ unter Einbeziehung ihrer Erfahrungen. Genauso sollten die Schutzbefohlenen bei der Erarbeitung einbezogen werden. Ihre Erfahrungen, Einschätzungen und Vorstellungen sind unverzichtbar.
Die Risikoanalyse ist zudem eine Präventionsmaßnahme vor potenziellen Täter*innen und zielt auf eine abschreckende Wirkung hin.
Im Rahmen einer Ressourcen- oder Potenzialanalyse kann eine Einschätzung entwickelt werden, welche präventiven Strukturen und Maßnahmen bereits vorhanden sind, auf die das Schutzkonzept aufgesetzt werden kann.

Im Einzelnen besteht eine Risiko- und Ressourcenanalyse aus folgenden Bereichen:

  • Identifikation des Risikos möglicher sexualisierter Gewalt: Betrachtung aller Felder und Bereiche
  • Benennung der Umstände, in denen Kinder, Jugendliche und Erwachsene in Abhängigkeitsverhältnissen sexualisierter Gewalt ausgesetzt sein könnten: Einschätzung des Risikos
  • Feststellung, welche Maßnahmen bereits zur Vermeidung sexualisierter Gewalt vorgenommen wurden
  • Überlegung, welche Maßnahmen zur Minimierung des Risikos sexualisierter Gewalt notwendig sind
  • Dokumentation der Analyse und ihrer Ergebnisse

Die Risiko- und Ressourcenanalyse ist nach dem Muster (Anlage 2) von allen Gemeinden, Einrichtungen und den entsprechenden Arbeitsbereichen auf Kirchenkreisebene jeweils einzeln (auch für einzelne Maßnahmen) zu erstellen, zu dokumentieren, zu archivieren und regelmäßig zu überprüfen, spätestens nach drei Jahren bei den Visitationen. Den Gemeinden werden Hilfsmittel und Beratung zur Verfügung gestellt.
Diese Risiko- und Ressourcenanalysen des Kirchenkreises sind am Ende zu lesen.

Grundsätzlich gilt: An den Konzepten, inkl. der Risiko- und Ressourcenanalysen wird fortlaufend weitergearbeitet. Das betrifft vor allem die Bereiche: Überprüfung der Umsetzung auf allen Ebenen, Beschwerdemanagement, sexuelle Bildung bei Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, Partizipation von Kindern und Jugendlichen, Aufarbeitung von Fällen sexualisierter Gewalt, Rehabilitationsverfahren bei unbegründeten Vorwürfen und Öffentlichkeitsarbeit. Außerdem sind Risiko- und Ressourcenanalysen stets anzupassen und für Maßnahmen mit Übernachtungen zu entwickeln.

7.1 Erweitertes Führungszeugnis
Um sowohl die bereits im Arbeits- und Dienstverhältnis stehenden Mitarbeitende als auch alle neu hinzukommenden in das Schutzkonzept zu integrieren, werden im Ev.-luth. Kirchenkreis Melle-Georgsmarienhütte folgende Regelungen getroffen:  

  1. Bei der Einstellung neuer Mitarbeitenden ist ein erweitertes Führungszeugnis nach § 30a des Bundeszentralregistergesetzes vorzulegen. Das erweiterte Führungszeugnis muss alle fünf Jahre auf Aufforderung des Arbeitgebers erneut vorgelegt werden.  (Siehe Rundverfügung G 16/2010)
  2. Auch alle Ehrenamtlichen, die mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen in Abhängigkeitsverhältnissen arbeiten, haben ein erweitertes Führungszeugnis vorzulegen. Verantwortlich für das (wiederholte) Einholen des Führungszeugnisses ist der Auftraggeber, z. B. der Kirchenvorstand oder die Einrichtungsleitung. Die Vorlage ist in der Kirchengemeinde/Region bzw. Einrichtung zu dokumentieren. (Siehe auch „Merkblatt erweitertes Führungszeugnis Kirchenkreis MGMH“)
  3. Verbeamtete Mitarbeitende (Pastor*innen und Kirchenbeamt*innen im Kirchenamt) müssen vor ihrer Einstellung ein erweitertes Führungszeugnis beantragen. Dieses wird dem entsprechenden Dienstherrn direkt zugestellt. Anklagen gegen Beamt*innen werden dem jeweiligen Dienstherrn von der zuständigen Behörde direkt mitgeteilt. Durch Beamt*innen begangene Ordnungswidrigkeiten und Straftaten werden ins Bundeszentralregister eingetragen.  

7.2 Kenntnisnahme und Selbstverpflichtung
1. Alle neuen beruflichen und ehrenamtlichen Mitarbeitenden einer Kirchengemeinde oder einer Einrichtung des Kirchenkreises unterschreiben bei ihrer Einstellung bzw. zum Antritt ihres Ehrenamtes, dass sie 1. das Schutzkonzept des Kirchenkreises und der jeweiligen Kirchengemeinde(n) bzw. Einrichtung(en) zur Kenntnis genommen haben und 2. folgende Selbstverpflichtung (Anlage 3) eingehen:  

„Ich habe die Umgangs- und Verhaltensregeln des Schutzkonzeptes des Ev.-luth. Kirchenkreises Melle-Georgsmarienhütte und meiner Kirchengemeinde (n) bzw. Einrichtungen verstanden, sehe sie als Grundlage meiner Arbeit mit Schutzbefohlenen bzw. in meinem Verantwortungsbereich an und verpflichte mich zur Einhaltung desselben beizutragen.  
Ich bin über die Gesetzeslage bezüglich des Sexualstrafrechtes §§171-184f. Strafgesetzbuch 
informiert. Mir ist bewusst, dass jede sexuelle Handlung mit Schutzbefohlenen disziplinarische und gegebenenfalls strafrechtliche Folgen hat.  
Ich versichere, nicht wegen einer in §72a SGB VIII bezeichneten Straftat rechtskräftig verurteilt worden zu sein und dass derzeit weder ein gerichtliches Verfahren noch ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren wegen einer solchen Straftat anhängig ist.“ 

 
Wer das Unterschreiben der Kenntnisnahme und Selbstverpflichtung verweigert, darf im Bereich des Kirchenkreises nicht mitarbeiten. 

2. Alle beruflichen und ehrenamtlichen Mitarbeitenden, die zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Schutzkonzeptes bereits in bestehenden Dienst-, Arbeits- oder Ehrenamtsverhältnissen tätig waren, sollen bis zum 31.12.2024 unterschreiben, dass sie das Schutzkonzept des Kirchenkreises und der jeweiligen Kirchengemeinde(n) bzw. Einrichtung(en) zur Kenntnis genommen haben und die unter 7.2 (1) genannte Selbstverpflichtung eingehen.  
Sollten Mitarbeitende die Unterschrift verweigern, ist dies von der jeweiligen Leitung umgehend der Superintendentur mitzuteilen.  

3. Sollte das entsprechende Schutzkonzept einer Kirchengemeinde bzw. Einrichtung nicht bis zum 31.12.2024 vorliegen, wird der Teilsatz zu diesem Konzept in der Erklärung gestrichen und die Unterschrift zur vollständigen Erklärung nachgeholt, sobald das gemeinde- bzw. einrichtungsspezifische Konzept vorliegt. 

4. Die unterschriebenen Kenntnisnahmen und Selbstverpflichtungen der Ehrenamtlichen sind in der jeweiligen Gemeinde bzw. Einrichtung zu archivieren, die der beruflich Tätigen in der Superintendentur.  

7.3 Schulungen 
Innerhalb von 2 Jahren nach Verabschiedung des Schutzkonzeptes müssen alle ehrenamtlichen und beruflichen Mitarbeitenden in der praktischen Arbeit mit den benannten Schutzbefohlenen und diejenigen, die in Gemeinden und Einrichtungen eine leitende Funktion innehaben, an einer Grundschulung zur Prävention von sexualisierter Gewalt teilnehmen. Diese Grundschulung wird mehrfach im Jahr an verschiedenen Orten angeboten. Verpflichtet sind grundsätzlich alle Kirchenvorsteher*innen und Mitglieder der Kirchenkreissynode. 

Alle neuen beruflichen und ehrenamtlichen Mitarbeitenden einer Kirchengemeinde oder einer Einrichtung des Kirchenkreises nehmen in der Regel innerhalb von 3 Monaten nach Tätigkeitsaufnahme an einer Sensibilisierung, Grundschulung oder Präventionsschulung teil.

Die Mindestdauer und die Inhalte der Fortbildung werden von der Landeskirche bestimmt und von entsprechend von der Landeskirche geschulten Multiplikator*innen durchgeführt.  

Diese Inhalte sind zurzeit: 

  • Grundwissen zum Thema sexualisierte Gewalt und sexualpädagogischen Fragen 
  • Kenntnisse zum Nähe-Distanz-Verhalten und zur grenzachtenden Kommunikation 
  • die Kenntnis dieser Grundsätze und der dort geregelten Rechte und Pflichten
  • Bei Leitungspersonen: Risiko-/Ressourcenanalyse als Grundlage zur Entwicklung eines Schutzkonzeptes
  • Kenntnis von Melde-/Beschwerdewegen, Täter*innenstrategien, Interventionsplan, Nachsorge- und Unterstützungsmöglichkeiten 
  • Die Ausbildung der Jugendleitungscard (JuLeiCa) wird dem entsprechend angepasst bzw. erweitert.  

Für die Teilnahme an den Schulungen werden Bescheinigungen ausgestellt. Die Kontrolle, ob die jeweiligen beruflich oder ehrenamtlich Mitarbeitenden an der Schulung teilgenommen haben, liegt bei der/dem jeweiligen Vorgesetzten bzw. beim Vorsitz des Kirchenvorstandes. Die Teilnahme ist zu dokumentieren. 

7.4 Bewerbungs- und Einstellungsverfahren 
Eine Institution wird durch die in ihr oder für sie arbeitenden Personen geprägt. Besonders in sozialen und kirchlichen Institutionen mit dem herausragenden Aspekt der Beziehungsgestaltung ist die Auswahl von geeignetem Personal eine Aufgabe, die mit Sorgfalt und Achtsamkeit zum Schutz vor sexualisierter Gewalt gestaltet werden muss. Das fängt schon bei einer genauen Sichtung der Bewerbungsunterlagen an: Gibt es in Arbeitszeugnissen Hinweise auf einschlägige Straftaten? Wurden auffällige Formulierungen gewählt, die Zweifel im Hinblick auf die Einhaltung professioneller Standards im persönlichen Umgang mit Schutzbefohlenen aufkommen lassen? Gibt es plötzliche Kündigungen bzw. häufige Wechsel des Arbeitsplatzes?  

In jedem Personalverfahren ist auf das Schutzkonzept des Kirchenkreises bzw. der jeweiligen Gemeinde oder Einrichtung als verbindlich geltend hinzuweisen. Die im Schutzkonzept vorgesehenen Regeln und Bestimmungen sind umzusetzen. 
Im Bewerbungsgespräch kann ein Fall mit Grenzsituationen/-verletzungen diskutiert werden, um Hinweise auf die Professionalität der Bewerber*innen zu erhalten. Bei Hospitationen und in der Probezeit sollte genau beobachtet werden, wie sich eine Person im beruflichen Alltag verhält. Hinweisen auf Fehlverhalten muss nachgegangen werden.  

7.5 Regelmäßige Auseinandersetzung mit dem Schutzkonzept
Das Schutzkonzept in seiner Konzeption und Anwendung wird regelmäßig in Besprechungen mit allen Mitarbeitenden der Gemeinden und Einrichtungen besprochen und durch die Leitung dokumentiert. Ziel ist eine regelmäßige und flächendeckende Auseinandersetzung und Weiterentwicklung des Schutzkonzeptes.

Aus der beschriebenen Haltung in der Präambel, die Christ*innen ihren Mitmenschen gegenüber einnehmen, entstehen zehn Grundregeln im Umgang miteinander. Diese Grundregeln sind an den Teamvertrag der Landesjugendkammer vom 23.02.2020 anlehnt und bilden den Verhaltenscodex des Kirchenkreises Melle-Georgsmarienhütte (Anlage 4). Dieser gilt verbindlich für ehrenamtlich und beruflich Tätige. 
Weitere Regelungen und Verabredungen im Kirchenkreis sind zu beachten. Dies sind:

  • Freizeitrichtlinien Kirchenkreis Melle-Georgsmarienhütte, besonders Abschnitt 3 Rahmenbedingungen 
  • Schutz- und Präventionskonzept der Kindertagesstätten in der Trägerschaft unseres Kirchenkreis

Sexualisierte Gewalt ist vielschichtig und kann alle Bereiche unsere Tätigkeit im Kirchenkreis Melle-Georgsmarienhütte betreffen. Von sexualisierter Gewalt können Kinder, Jugendliche Erwachsene, Mitarbeitende und Schutzbefohlene betroffen sein. Sie kann von Mitarbeitenden ausgehen oder zwischen Teilnehmenden vorkommen. Es kann sich um aktuelle und vergangene Fälle handeln. 
Nicht zuletzt die Ergebnisse der ForuM-Studie verdeutlichen wie wichtig eine bewusste Wahrnehmung sowie ein standardisiertes und verlässliches Vorgehen in einer transparenten Leitungsstruktur ist. 
Neben der Prävention sexualisierter Gewalt kommt der Intervention eine wichtige Bedeutung zu. 

Daher ist 

  • bei einem Verdacht gegen Mitarbeitende (beruflich und ehrenamtlich) der Interventionsplan der Landeskirche in der jeweils aktuellen Fassung (derzeit Rundverfügung G 1/2024) zu beachten.
  • In anderen Verdachtsfällen ist der Interventionsplan aus Anlage 5 zu beachten.

9.1 Unterstützung 
Betroffene können sich im Fall einer offiziellen Beschwerde jederzeit an eine kirchliche Beschwerdestelle wenden: 

Außerdem bietet der Kinderschutzbund Osnabrück Beratung und Hilfe für Betroffene an:
https://www.kinderschutzbund-os.de Telefon: 0800 1110333

Betroffene sind möglichst niedrigschwellig über die Internetseiten der Gemeinden und Einrichtungen sowie des Kirchenkreises, über Aushänge, Flyer und natürlich auch auf Nachfrage auf diese Möglichkeiten hinzuweisen – und genauso auf die vielfältigen kirchlichen und nicht-kirchlichen Hilfs- und Unterstützungsangebote. Der weitere Umgang mit der Meldung wird mit der meldenden Person besprochen und transparent gemacht. 

9.2 Kindeswohlgefährdung 
§ 8a SGB VIII und entsprechende Rahmenvereinbarungen zwischen Land, Kommunen und kirchlichen Trägern (siehe unter 5.2) regeln den Schutzauftrag bei Kindeswohlgefährdung in Form von Kindesvernachlässigung, Erziehungsgewalt, Misshandlungen und sexualisierter Gewalt. Das Gesetz und die Rahmenvereinbarungen sind im kirchlichen Raum strikt einzuhalten. 
Die hier im Schutzkonzept vorgelegten Regelungen und Maßnahmen entsprechen ihnen. 

9.3 Dokumentation  
Im Rahmen des Interventionsplans werden die notwendigen Informationen strukturiert mit Hilfe von Protokollvorlagen erfasst (Anlage 6). Die Protokolle werden in einem geschützten Bereich des Kirchenkreises (Superintendentur) und ggf. der Landeskirche vor Einsicht Dritter geschützt aufbewahrt.  

Damit Prävention wirksam wird ist es notwendig, dass sich durch alle Ebenen eine partizipative Kommunikationsstruktur zieht. 
Werden Kinder und Jugendliche an Entscheidungen, die sie betreffen, beteiligt, stärkt das ihre Position und verringert das Machtgefälle zwischen Erwachsenen und Kindern. Das gilt auch für Mitarbeitende in einer Einrichtung. Wer sich beteiligen darf und wessen Ideen gehört werden, der trägt diese partizipative Haltung auch in der Arbeit weiter.

Auf Trägerebene sind dies:

  • partizipative Kommunikationsstrukturen, Mitwirkungsrechte in Entscheidungsprozessen;
  • Die Erarbeitung, Einhaltung und Weiterentwicklung der Schutzkonzepte in allen Kirchengemeinden und Einrichtungen an sich. Externe Expert*innen und Betroffene sollen beteiligt sein;
  • Die verpflichtende Grundschulung.

Zusätzlich auf Ebene der ehrenamtlichen und beruflichen Mitarbeitenden sind dies:

  • Teambesprechungen, gemeinsame Absprachen, transparente Aufgabenverteilung, klare Hierarchien und Kompetenzen;
  • partizipative Grundhaltung Teilnehmenden gegenüber und Transparenz bei Entscheidungen;
  • Die Selbstverpflichtungserklärung.

Zusätzlich auf Ebene der beruflichen Mitarbeitendensind dies :

  • Fortbildungen/Schulungen der Beruflichen zu Themen wie: Reflexion der Berufsrolle, Deutungs- und Pastoralmacht, Gestaltung von Beziehung zu Gemeindemitgliedern;
  • seelsorgerisch, pädagogisch und pflegerisch beruflich Tätige: verpflichtende Supervisionen zum eigenen Berufsverständnis (inkl. Macht- und Abhängigkeitsstrukturen).

11.1 Hilfe für Betroffene
Betroffenen sexualisierter Gewalt wird Beratung, Begleitung und Seelsorge in nichtkirchlichen oder kirchlichen Einrichtungen vermittelt und angeboten. 
Auf landeskirchlicher Ebene informiert und berät die Fachstelle zur Prävention sexualisierter Gewalt (Anlage 7). In Anlage 8 sind regionale und bundesweite Beratungsstellen aufgeführt, die mit ihrem Fachwissen unterstützen und an die sich Betroffene wenden können. Alle aufgeführten Beratungen sind in der Regel kostenlos.

Unabhängige Information für Betroffene von sexualisierter Gewalt in der Evangelischen Kirche und Diakonie: Zentrale Anlaufstelle: HELP – Telefon 800-5040112. Kostenlos und anonym.

Landeskirchliche Regelungen:
„Die Landeskirche bietet Betroffenen sexualisierter Gewalt in einer kirchlichen Körperschaft der Landeskirche ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine finanzielle Unterstützung an, die noch andauernde Folgewirkungen der sexualisierten Gewalt mildern soll. Im Rahmen dieser Unterstützung kommt insbesondere die Erstattung folgender Kosten in Betracht, wenn eine Finanzierung durch eine andere Stelle, insbesondere durch eine gesetzliche oder private Krankenversicherung oder eine andere Versicherung nicht möglich ist:

  • Kosten einer unabhängigen rechtlichen Beratung,
  • Kosten der Rechtsverfolgung gegenüber den Verantwortlichen,
  • Erstattung der Kosten einer Mediation,
  • Erstattung der Kosten einer Therapie, wenn ein*e anerkannte*r Therapeut*in die Notwendigkeit einer Therapie bestätigt,
  • Kosten der Beratung in einer kirchlichen Beratungsstelle oder einer anderen Beratungsstelle für Betroffene sexualisierter Gewalt
  • Kosten der Fahrten zu einer Beratungsstelle oder zu Therapiestunden.

Leistungen, die die Landeskirche auf Grund von Vorgaben der Geschäftsstelle des Fonds Sexueller Missbrauch aus dem Ergänzenden Hilfesystem des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gewährt hat, sind auf die finanzielle Unterstützung zur Milderung noch andauernder Folgewirkungen sexualisierter Gewalt anzurechnen.
Unabhängig von der finanziellen Unterstützung zur Milderung noch andauernder Folgewirkungen sexualisierter Gewalt bietet die Landeskirche Personen, die sexualisierte Gewalt in einer kirchlichen Körperschaft der Landeskirche oder in einer der Landeskirche zugeordneten Mitgliedseinrichtung des Diakonischen Werks evangelischer Kirchen in Niedersachsen e.V. erlitten haben, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht eine Leistung in Anerkennung des erlittenen Leids an. Die Höhe der Leistung richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art, der Dauer und den Folgewirkungen der erlittenen sexualisierten Gewalt.
Anträge auf Leistungen in Anerkennung erlittenen Leids sind an die landeskirchliche Fachstelle Sexualisierte Gewalt zu richten. Über die Gewährung der Leistung und deren Höhe entscheidet die Unabhängige Kommission der evangelischen Kirchen in Niedersachsen und Bremen zur Prüfung von Leistungen in Anerkennung erlittenen Leids an Betroffene sexualisierter Gewalt. Das Landeskirchenamt ist verpflichtet, Entscheidungen der Unabhängigen Kommission umzusetzen, der antragstellenden Person bekanntzugeben und die Leistung in Anerkennung erlittenen Leids auszuzahlen.“

(siehe: Grundsätze für die Prävention, Intervention, Hilfe und Aufarbeitung in Fällen sexualisierter Gewalt in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche, in der Fassung vom 26. Januar 2021, Rundverfügung G 8/2021, S. 4-5, Kirchliches Amtsblatt 2021, S. 40, Nr. 47-2 der landeskirchlichen Rechtssammlung.)

11.2 Nachsorge für betroffene Mitarbeitende
Die in 11.1 genannten Grundsätze gelten auch für betroffene Mitarbeitende. Darüber hinaus ist es Ziel, eine Arbeitsatmosphäre (wieder-)herzustellen, die eine Weiterbeschäftigung bzw. ein weiteres Engagement im Kirchenkreis Melle-Georgsmarienhütte ermöglicht. Dieser Prozess wird von der jeweiligen Leitungsperson initiiert. Dabei stehen in jedem Nachsorgeprozess die Wünsche und Bedarfe der betroffenen Mitarbeitenden im Fokus der Maßnahmen und werden jeweils individuell abgestimmt. Der Anstellungsträger bei beruflich und die Einsatzstelle bei ehrenamtlich Mitarbeitenden übernimmt die Kosten für die verabredeten Maßnahmen. Eine Dokumentation und Evaluation erfolgen, um dieses Schutzkonzept zu überprüfen und ggf. weiterzuentwickeln.
           
11.3 Nachsorge für begleitende Mitarbeitende
Mitarbeitende, die einen Fall sexualisierter Gewalt oder eine Aufarbeitung begleiten, benötigen Unterstützung und Entlastung während und nach Beendigung dieses Prozesses. Die jeweilige Leitungsperson ist verantwortlich dafür, geeignete personelle und finanzielle Ressourcen in Absprache mit den begleitenden Mitarbeitenden zur Verfügung zu stellen. Es ist selbstverständlich im Kirchenkreis Melle-Georgsmarienhütte, dass alle Mitarbeitenden solidarisch Unterstützung und Entlastung anbieten und ermöglichen, um die tägliche Arbeit weiterhin zu ermöglichen.

11.4 Nachsorge für zu Unrecht beschuldigte Mitarbeitende
Ziel dieses Prozesses ist, jeglichen Verdacht auszuräumen, zu entkräften und klarzustellen und die weitmöglichste Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit der Beteiligten sowie der Arbeitsatmosphäre. Der Prozess wird von der jeweiligen Leitungsperson initiiert.
Alle im Nachsorgeprozess integrierten Maßnahmen werden auf den jeweiligen Bedarfsfall individuelle abgestimmt. Dazu gehört ggf. die Überprüfung der Arbeitsstrukturen. Art, Form, Umfang und Dauer variieren von Fall zu Fall und werden zwischen den Beteiligten und Entscheidungsträgern transparent gemacht.
Der Nachsorgeprozess muss in enger Zusammenarbeit und in Absprache mit der zu rehabilitierenden Person geschehen. Deren Wünsche und Bedarfe stehen im Fokus dieses Prozesses. Eine qualifizierte externe Begleitung wie z. B. Supervision sollte nach Möglichkeit frühzeitig in den Prozess integriert werden. Ggf. sind weitere Mitarbeitende, z. B. direkte Arbeitskolleg*innen, einzubeziehen. Die Kosten dafür werden vom Kirchenkreis bzw. der zuständigen Gemeinde oder Einrichtung getragen, dazu gehört ebenfalls eine finanzielle Unterstützung für weitere Bedarfe wie z.B. eventuell anfallende Kosten für juristischen Beistand.

Eine Dokumentation und Evaluation erfolgen und wird mit allen Akteur*innen dahingehend geprüft, ob das Schutzkonzept gegriffen hat, was gut gelaufen ist und was verbessert werden muss.

11.5 Hilfe für Beschuldigte
Beschuldigten wird Seelsorge angeboten.

Vergangene Fälle sexualisierter Gewalt (auch Verdachtsfälle) werden in jedem Falle aufgearbeitet. Bei der Aufarbeitung vergangener Fälle sexualisierter Gewalt gewährleistet der Kirchenkreis höchste Vertraulichkeit den Betroffenen gegenüber. Bedürfnisse und Wünsche der Betroffenen stehen im Zentrum des Vorgehens, in dem der Interventionsplan der Landeskirche greift. Durch diesen Plan ist die Beteiligung der Fachstelle im Landeskirchenamt, sowie externer Fachstellen, ggf. auch der Staatsanwaltschaft von Anfang an gewährleistet. 
Beteiligte Gremien und Pfarrämter, sowie Einrichtungen vor Ort werden rechtzeitig in angemessener Weise einbezogen. 

Die Öffentlichkeit soll über die Prävention, Intervention und Aufarbeitung von Fällen von Gewalt informiert werden. 

Insbesondere werden folgende Maßnahmen ergriffen:

  • In der Arbeit mit Kindern, Konfirmand*innen und Jugendlichen sind die Eltern bzw. Erziehungsberechtigten über das Schutzkonzept in Kenntnis zu setzen.
  • Veröffentlichung des Schutzkonzeptes auf der Internetseite des Kirchenkreises und Verlinkung darauf von den Seiten der Gemeinden und Einrichtungen und Hinweis darauf durch geeignete Medien (z.B. Aufkleber mit QR-Code, …)
  • Im Interventionsfall muss genau bedacht werden, wer wann wie informiert werden kann und muss. Dies ist im Interventionsplan geregelt (siehe Anlage 4). Jeder Fall ist vor einer Veröffentlichung mit dem/der Öffentlichkeitsbeauftragten des Kirchenkreises und dem/der Superintendent*in abzusprechen. 
    Die Pressestelle und die Fachstelle des Landeskirchenamtes sind einzubeziehen. Vor einer Veröffentlichung ist besonders die Perspektive der Betroffenen zu beachten.
  • Ergebnisse einer Aufarbeitungsstudie sind in Zusammenarbeit mit den Erstellenden und der Pressestelle der Landeskirche zu veröffentlichen.

Ein Schutzkonzept ist nie abgeschlossen. Erfahrungen und neue Erkenntnisse sind laufend einzuarbeiten, dafür verantwortlich sind die Kirchenkreissynode und der Kirchenkreisvorstand.
Nach Abschluss eines Falls prüft der Kirchenkreisvorstand den Verfahrensablauf. Dabei ist insbesondere zu prüfen, an welchen Stellen das Präventionskonzept verbessert werden muss. 

Zeitplan für die ersten Jahre nach Beschluss des Konzeptes des Kirchenkreises:

  •  Zur Evaluation wird ein dreijähriger Überprüfungszeitraum verabredet. 
  •  Im Jahre 2026 erfolgt ein Zwischenbericht der Multiplikator*innen zum Stand der Schulungen und der Umsetzung des Schutzkonzeptes vor Ort.
  • Im Jahr 2027 erfolgt ein Bericht in der Kirchenkreissynode zu den Erfahrungen in der Umsetzung des Schutzkonzeptes. 
  • Spätestens zu jeder Kirchenkreisvisitation soll das Schutzkonzept überprüft werden. Initiator ist der Kirchenkreisvorstand.

Auch die Schutzkonzepte der Kirchengemeinden und Einrichtungen sollen spätestens nach 3 Jahren und bei jeder Visitation (bei den Einrichtungen ist das die Kirchenkreisvisitation) überprüft werden. Initiator ist der jeweilige Kirchenvorstandsvorsitz bzw. die Einrichtungsleitung.

Gibt es Betroffene, sollten diese nach Möglichkeit an der Weiterentwicklung der jeweiligen Konzepte beteiligt werden.

Die Kirchenkreissynode Kirchenkreises Melle-Georgsmarienhütte beschließt das Schutzkonzept zur Prävention sexualisierter Gewalt und anderen Formen von Gewalt in seiner Sitzung am 24.09.2024

Die Evangelische Jugend im Kirchenkreises Melle-Georgsmarienhütte hat dem Schutzkonzept am 16.11.2024 zugestimmt.

Die Mitarbeitendenvertretung des Kirchenkreises Melle-Georgsmarienhütte hat dem Schutzkonzept am 30.11.2024 zugestimmt.

Im Kirchenkreisvorstand ist eine zustimmende Beratung erfolgt.

Das Schutzkonzept beinhaltet strukturelle, präventive und pädagogische Maßnahmen zum Schutz vor Gewalt, insbesondere sexualisierter Gewalt in allen im Ev.-luth. Kirchenkreis Melle-Georgsmarienhütte vertretenen Gemeinden und angegliederten Einrichtungen und Organisationen sowie der Evangelischen Jugend.
Mit dem Schutzkonzept zur Prävention sexualisierter Gewalt verpflichtet sich der Ev.-luth. Kirchenkreis Melle-Georgsmarienhütte zu regelmäßigen Grundschulungen, zur Sensibilisierung durch Einweisung der Mitarbeitenden in die hiermit vorliegende Gesamtthematik und zur Erstellung von Risikoanalysen in jeder Gemeinde und Einrichtung.

Die einzelnen Gemeinden und Einrichtungen sind dafür verantwortlich, die jeweilige Risikoanalyse ihrem Schutzkonzept hinzuzufügen. Dies gilt ebenso für die Verpflichtung zur Einholung von erweiterten Führungszeugnissen und zur Kenntnisnahme des Schutzkonzeptes sowie zur Selbstverpflichtung zum Verhaltenskodex durch alle unmittelbar mit Schutzbefohlenen in Kontakt stehenden Mitarbeitenden.

Bis zum 31.12.2024 sollen alle Kirchengemeinden und die Einrichtungen des Ev.-luth. Kirchenkreises Melle-Georgsmarienhütte ein eigenes Schutzkonzept beschlossen und an die Superintendentur gemeldet haben. Der Kirchenkreissynode ist zu berichten.

Zur Evaluation wird ein dreijähriger Überprüfungszeitraum verabredet. Im Jahre 2026 erfolgt ein Zwischenbericht der Multiplikator*innen zum Stand der Grundschulungen. Im Jahr 2027 erfolgt ein Bericht in der Kirchenkreissynode zu den Erfahrungen in der Umsetzung des Schutzkonzeptes.
Die Kirchenvorstände verpflichten sich, zu Beginn jeder neuen Legislaturperiode das zu dem Zeitpunkt bestehende Schutzkonzept zu unterschreiben und notwendige Schulungen zu absolvieren. 
Grundsätzlich gilt, dass die Risikoanalyse und das Schutzkonzept den Bedürfnissen und Bedingungen entsprechend angepasst werden. Das Thema „Schutzkonzept“ wird regelmäßiger Bestandteil der kirchengemeindlichen Visitationen.

Zur Umsetzung des Schutzkonzeptes, insbesondere zur Finanzierung der Stellenanteile für die Fortbildungen und die Begleitung zur Weiterentwicklung der Konzepte sowie zur Nachsorge, werden Mittel im Haushalt des Kirchenkreises vorgesehen.

Die Kirchenkreissynode beschließt das Schutzkonzept für den Kirchenkreis Melle-Georgsmarienhütte zum Umgang mit sexualisierter Gewalt und anderen Formen von Gewalt.

Kontakt

Diakon Henning Enge
Diakon Henning Enge

Beauftragter des Kirchenkreises für das Schutzkonzept zur Prävention sexualisierter Gewalt