"Ein Glücksfall für unsere Kirche"

Nachricht 09. Oktober 2021

Regionalbischof beauftragt neun neue Prädikanten für den Sprengel

Sie sind Chemielaborantin, Holzgestalter, Krankenschwester oder Landwirt und zwischen 30 und 60 Jahre alt. Sie stehen mitten in einem gut gefüllten Alltag und haben dennoch an 12 Wochenenden eine theologische Ausbildung zum Prädikanten absolviert. „Die jetzt neu beauftragten Prädikantinnen und Prädikanten sind ein Glücksfall für unsere Kirche“, betont Regionalbischof Friedrich Selter. „Sie bringen mit ihrem sehr unterschiedlichen persönlichen und beruflichen Hintergrund Farben in die Verkündigung, die auf gute Weise die Predigten der beruflichen Theologen ergänzen.“

Neun „frische“ Prädikanten im Sprengel Osnabrück das heißt auch neun  neue Ehrenamtliche im Verkündigungsdienst. Sechs Frauen und drei Männer haben im September mit einem Kolloquium bei Regionalbischof Friedrich Selter ihre zweijährige Ausbildung zur Prädikantin bzw. zum Prädikanten abgeschlossen. Sie haben damit die Berechtigung, selbständig Gottesdienste zu halten und das Abendmahl auszuteilen. Denn nach dem Verständnis der evangelischen Kirche sind nicht nur Pastorinnen und Pastoren sondern alle Christen aufgerufen, Gottes Botschaft weiterzusagen. Seit der Reformation verwendet die Kirche dazu den Begriff „Priestertum aller Gläubigen“ oder „Priestertum aller Getauften“. 

Eine gute Stunde dauert das Abschlussgespräch, zu dem Regionalbischof Friedrich Selter die angehenden Ehrenamtlichen im Verkündigungsdienst in sein Büro einlädt. Dabei geht es u.a. um zwei eingereichte Predigten. Mit dabei sind immer auch Pastorin Ursula Schmidt-Lensch als Beauftragte für die Arbeit mit Lektoren und Prädikantinnen sowie Horst-Dieter Niermann, Sprecher der Prädikanten im Sprengel Osnabrück. „Eigentlich kann ich sagen, dass ich selbst bei jedem dieser Gespräche etwas dazugelernt habe. Manche Predigten waren wirklich herausragend gut!“, fasst Friedrich Selter als Leitender Geistlicher im Sprengel die Kolloquien zusammen. Am Ende erhalten sie von ihm eine Urkunde mit ihrer Beauftragung und als persönliches Geschenk einen Segensengel. Auch den jeweiligen Kirchenkreisen könne man gratulieren zu ihren künftigen Prädikanten, findet der Regionalbischof. Mit einem Gottesdienst werden sie dort durch den Superintendenten eingeführt.

Die Fotos zeigen nach dem erfolgreichen Kolloqium jeweils  Regionalbischof Friedrich Selter, die bzw. den künftigen Prädikanten, Pastorin Ursula Schmidt-Lensch (Beauftragte für die Arbeit mit Lektoren und Prädikanten) und Horst-Dieter Niermann (Sprecher der Prädikanten im Sprengel Osnabrück).

Und das sagen die künftigen Prädikantinnen und Prädikanten zu ihrer Motivation:

In alltagstaugliche Sprache übersetzen - Andrea Schmidt, KK Melle-GMHütte

Andrea Schmidt hat vor über 30 Jahren ihre Ausbildung zur Krankenschwester beim Ev. Diakonieverein Berlin-Zehlendorf gemacht und arbeitet seitdem als Diakonieschwester im Klinikum Osnabrück. Die Mutter von zwei erwachsenen Kindern hat sich wiederum von einer anderen Mutter „anstecken“ lassen und 2013 mit viel Freude und Rückhalt die Ausbildung zur Lektorin gemacht. Danach wollte sie mehr wissen und verstehen. Sie scheue sich nicht, „stinknormale Alltagssprache“ zu benutzen, um „kryptische Sätze aus der Bibel“ zu entschlüsseln, lacht sie. Anknüpfungspunkte aus ihrem Berufsalltag gebe es jede Menge. Andrea Schmidt ist Oberin der Diakonieschwestern im Bezirk Osnabrück und damit so etwas wie Personalchefin und Seelsorgerin für rd. 115 Diakonieschwestern bzw. -brüder, die in Ausbildung bzw. im Pflegeberuf stehen.

Abendmahl auszuteilen ist mir wichtig – Rielana Sundermeier, KK Diepholz

Rielana Sundermeier ist seit 20 Jahren “in der Kirche unterwegs“. Mit 15 startete sie nach der Konfirmation als Jugendleiterin in ihrer damaligen Kirchengemeinde. „Der klassische Weg“, schmunzelt sie. Die gebürtige Hildesheimerin hat in Hannover Religionspädagogik und Diakonie studiert und setzte den Abschluss in Sozialer Arbeit anschließend noch obendrauf. Mit besonderen Gottesdienstformaten für unterschiedliche Zielgruppen hat sie Erfahrung und sie sind ihr ein Anliegen. „Man muss wissen, was die Leute jeweils brauchen oder suchen und sich darauf einstellen“, sagt sie. Im Kirchenkreis Diepholz ist die Diakonin seit 2013 als Kreisjugendwartin tätig. „Mit der Ausbildung zur Prädikantin habe ich nun auch die offizielle Berechtigung, das Abendmahl auszuteilen. Das war mir einfach wichtig“.

Gottesdienste sind so etwas wie eine Tankstelle - Anne Witte, KK Diepholz

„Das können viele überhaupt nicht verstehen, warum ich das mache - Kirche. Aber an der Kirchentür lasse ich meinen Alltag draußen und genieße die ganz andere Atmosphäre zusammen mit anderen“, erklärt Anne Witte. Die resolute Bürokauffrau aus Varrel singt gern und ist seit 2009 Lektorin in der Kirchengemeinde in Varrel. Aus ihrer Jugendzeit bringt sie kirchliche Impulse mit und ihre Mutter war über viele Jahre Kirchenvorsteherin. Anne Witte wollte theologisch weiterkommen und hat deshalb die Ausbildung zur Prädikantin gemacht und mit dem Kolloquium bei Regionalbischof Selter abgeschlossen. „Im meinem Job muss ich viel reden und aushandeln, Kommunikation ist wichtig. Und manche Alltagssituationen bringe ich bisweilen ganz gerne auch in Gottesdienste mit ein“.

Bei Liedern geht das Herz auf, immer noch - Günther Dießelberg, KK Diepholz

Er wirkt wie 40, aber das ist die Zeitspanne, über die Günther Dießelberg seine Holzwerkstatt betreibt, in der er vor allem für Kirchengemeinden und Kindergärten arbeitet. Am meisten Freude machen dem selbständigen Holzgestalter aus Eydelstedt christliche Symbole, Kreuze, biblische Figuren, aber auch Mediationsbänke. Von sich selbst sagt der 60-Jährige, dass sein Weg mit Jesus vor über zehn Jahren bei einem „Gottesdienst in anderer Form“ begonnen habe. Es waren die Lieder, die ihm ans und ins Herz gingen. Mit über 50 Jahren lernte Günther Dießelberg deshalb noch das Gitarre spielen, gründete einen Hauskreis und hat nach der Lektoren- nun auch die Prädikantenausbildung abgeschlossen. „Die Lieder spielen eine große Rolle – es ist eine Herzensangelegenheit, sie in Gottesdiensten zu spielen und zu singen“. Und genau das strahlt sein Gesicht bei diesen Worten aus.

Kirche hat die beste Botschaft – Sylvia Spreen, KK Diepholz

Die Chemielaborantin aus Diepholz ist seit ihrem 16 Lebensjahr in der Kirche aktiv: in der Jugendband, als Mitarbeiterin in der Jugendarbeit, bei Freizeiten und bei innovativen Projekten wie zum Beispiel der mobilen Jugendkirche „Churchville“. Mit 21 Jahren wurde die heute Dreißigjährige eine der jüngsten Kirchenvorsteherinnen in der Landeskirche. Jetzt hat sie nach der Ausbildung zur Lektorin auch die zur Prädikantin abgeschlossen. Was treibt sie an, dabei zu bleiben? „Weil ich davon träume, dass Kirche ein Ort wird, wo Menschen einander und Gott begegnen können“.

Auch wenn es altmodisch klingt: Die Verkündigung des Glaubens - Wolfgang Asendorf-Walther, KK Syke-Hoya

Gut zehn Jahre ist Wolfgang Asendorf-Walther bereits Lektor, Gottesdienste im DRK-Altenheim in Hoya hält er seit über drei Jahren regelmäßig. „Da gab es dann immer wieder die Nachfrage, auch das Abendmahl zu feiern“, erklärt er. Da das Pastor*innen und Prädikanten vorbehalten ist, hat er auf Anfrage seiner Pastorin die Ausbildung der Landeskirche zum Prädikanten gemacht. „Mit der Zeit hat sich ein sehr enges Vertrauensverhältnis aufgebaut“, sagt er. Das zeigen die rege Teilnahme an den Gottesdiensten und besonders die Gespräche danach. Dafür nimmt er sich gemeinsam mit seiner Tochter Zeit. „Auch wenn es altmodisch klingt: Meine Motivation liegt natürlich auch bei der Verkündigung des Glaubens“, betont er. Er freue sichsehr, wenn Menschen die Texte aus der Bibel mit Hilfe seiner Predigt auf ihr Leben beziehen könnten. Seine eigene Gemeinde ist seit etwa 1,5 Jahren vakant und so bietet der ausgebildete Lüftungsbauer auch dort Gottesdienste an. Er kommt auf etwa 25-30 im Jahr.

Christsein macht einen Unterschied - Hans Bockhop, KK Syke-Hoya

Hans Bockhop ist gerade 50 geworden, Großhandelskaufmann und seit 1997 auch Landwirt mit einem Hof in Graue, der mehrfach als „kulinarischer Botschafter für Niedersachsen“ ausgezeichnet wurde. Spezialität sind handgemachte Köstlichkeiten aus schwarzem Holunder, die u.a. im Hofladen angeboten werden. Gottesdienste sind fester Bestandteil seines Lebens und so war die Erfahrung als Lektor bereits Motivation, auch die Prädikantenausbildung anzuschließen. „Die Ausbildung ist sowohl zeitlich als auch inhaltlich recht anspruchsvoll. Das ist gut, denn dadurch wird man fit gemacht für die Aufgaben als Prädikant“, findet Hans Bockhop, der sich schon vorher in der Kirchengemeinde engagierte. Zehn bis 20 Gottesdienste macht er pro Jahr. Sein Glaube sei relevant für seinen Beruf als Landwirt, sagt er. „Wie man mit Menschen umgeht und mit Ressourcen, definiert sich aus dem Glauben. Und noch besser finde ich, wenn es auch für andere erlebbar wird, dass Christsein einen Unterschied macht - auch im Beruf“.

Frisch und authentisch sprechen - Anke Streilein-Rohdenburg, KK Bramsche

Krankenschwester, nebenberufliche Tagesmutter, Pädagogische Mitarbeiterin, außerschulische Lernbegleiterin und Gemeindereferentin – die 51-jährige Mutter von fünf Kindern strahlt viel Energie und Lust auf neue Aufgaben aus. Der Weg zur Prädikantin verlief bei ihr in umgekehrter Reihenfolge: Die Gemeindereferentin startete mit der Prädikantenausbildung und machte nach einem „Schnupperkurs“ dann auch noch den Lektorenkurs hinterher. „Mein Interesse an Menschen und an den Geschichten, die sie zu erzählen haben, führt letztlich zu der Geschichte Gottes mit den Menschen. Und die möchte ich gern weitererzählen“.

Mit Stift und Kamera dabei - Nicolette Strobel, KK Bramsche

Ihr ehrenamtliches Engagement startete Nicolette Strobel in der Ökumene, bei Bibelwochen und Vespern. Außerdem findet man ihre Beiträge und Fotos in Gemeindebriefen und Jubiläumsschriften der Kirchengemeinde in Neuenkirchen -Vörden. Einige Semester hat Nicolette Strobel Theologie und Religionswissenschaften studiert, bevor sie den Abschluss als Groß- und Außenhandelskauffrau machte. Das Interesse an Religion ist bei ihr lebendig geblieben - 2017 wurde sie Lektorin und ließ sich jetzt als Prädikantin weiterbilden.

(Öffentlichkeitsarbeit Sprengel Osnabrück)

Hintergrund

Was sind Lektor*innen und Prädikant*innen ? 
Nach dem Verständnis der evangelischen Kirche sind nicht nur Pastorinnen und Pastoren, sondern alle Christinnen und Christen aufgerufen das Evangelium zu verkündigen. Seit der Reformation verwendet die Kirche dazu den Begriff „Priestertum aller Gläubigen“ oder „Priestertum aller Getauften“. Im Sprengel Osnabrück sind rd, 70 Prädikanten als Ehrenamtliche im Verkündigungsdienst ausgebildet, hinzu kommen über 150 Lektoren. Prädikanten leiten Gottesdienste selbständig, sie dürfen auch die Abendmahlsfeier durchführen.

Wie wird man Lektor*in bzw. Prädikant*in ?
Der Dienst als Lektor*in oder Prädikant*in nimmt die  Vorstellung vom „Priestertum aller Getauften“ auf, die bereits in den Briefen des Neuen Testaments formuliert ist: Alle Christen sind dazu berufen, von ihrem Glauben weiterzuerzählen. Martin Luther formulierte diesen Gedanken als Grundüberlegung für die reformatorische Kirche. Lektor*innen und Prädikant*innen bringen die Erfahrungen ihrer Lebenswelt ein und stehen für die Vielfalt der Begabungen der Gemeinde. Die lutherischen Bekenntnisschriften setzen beim expliziten Predigtdienst allerdings die ordnungsgemäße Berufung voraus. Um Ehrenamtliche bestmöglich auf diese Aufgabe vorzubereiten, dauert der Lektorenkurs fünf Wochenenden und der Prädikantenkurs zwölf Wochenenden. Nach zwei Jahren können Lektor*innen sich auf den Prädikantendienst vorbereiten. Hier stehen die Einführung in Theologie und Predigtlehre im Mittelpunkt. Begleitet werden beide Ausbildungen durch ein Mentorat vor Ort. Die Kurse werden zentral durch das Team des Lektoren- und Prädikantendienstes im Michaeliskloster Hildesheim, dem Ausbildungszentrum der Hannoverschen Landeskirche, oder nach Bedarf in Absprache auf Kirchenkreis- oder Sprengelebene organisiert.
Der Regionalbischof beauftragt die Prädikant*innen zu ihrem Dienst. Ihre offizielle Einführung in die Gemeinde übernimmt der jeweilige Superintendent des Kirchenkreises.

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