Sexueller Missbrauchsfall in den 1970er-Jahren in der Ev. Kirchengemeinde Oesede

Nachricht 15. Oktober 2021

Superintendent Hannes Meyer-ten Thoren wendet sich zum kommenden Sonntag mit Informationen und Fürbitte zum Missbrauchsfalls in Oesede an die Kirchengemeinden

Wort an die Kirchengemeinden im Kirchenkreis zum Sonntag 17. Oktober

 

Liebe Gemeinde, liebe Schwestern und Brüder,

am vergangenen Montag wurde auf einer Pressekonferenz im Rathaus in Oesede ein sexueller Missbrauchsfall öffentlich gemacht, der in den 1970er Jahren durch einen ehemaligen Diakon in der dortigen Evangelischen Kirchengemeinde verübt wurde.
Die damals 11-jährige Lisa Meyer wurde von dem Diakon in Ausbildung Siegfried G. im Sommer 1974 auf einer Kinderfreizeit in Österreich schwer sexuell missbraucht.

Seit Februar 2021 habe ich gemeinsam mit Pastorin Gesine Jacobskötter aus Bad Rothenfelde und Pastor Nils Donadell aus Georgsmarienhütte die Betroffene Lisa Meyer begleitet und Veröffentlichung und Aufarbeitung mit ihr vorbereitet. Die Gewalttat eines kirchlichen Mitarbeiters und die Leidensgeschichte der Betroffenen haben uns sprach- und fassungslos gemacht. Wir haben darüber hinaus erfahren, dass verantwortliche Menschen unserer Kirche in der Vergangenheit und bis in die Gegenwart hinein Fehler im Umgang mit Tätern und Betroffenen sexuellen Missbrauchs gemacht haben. Einzelne, aber auch unsere Kirche als Institution, sind an Menschen schuldig geworden, weil Verantwortung nicht ausreichend wahrgenommen wurde, den Betroffenen nicht empathisch begegnet wurde und das Handeln bzw. Nichthandeln darauf schließen lässt, dass immer wieder Täterschutz und Selbstschutz vor Opferschutz gestellt wurde. Das darf sich niemals wiederholen. Als Superintendent ist mir wichtig, dass sich die Verantwortlichen in unseren Kirchengemeinden und im Kirchenkreis eindeutig und solidarisch an die Seite der Betroffenen stellen. Der Schutz der Betroffenen muss unzweideutig vor dem Täterschutz stehen. Dazu werden wir in den kommenden Monaten vieles miteinander auf den Weg bringen müssen in unseren Kirchengemeinden und im Kirchenkreis. Mir geht es nicht nur um die Sensibilisierung und Schutzkonzepte im Fall von Missbrauch in der Kirche, sondern darum, dass wir unsere innere Haltung zu diesem Thema verändern.

Heute bitte ich Sie, die Betroffenen sexualisierter Gewalt in ihrem Fürbittengebet aufzunehmen.

Ihr Superintendent Hannes Meyer-ten Thoren

Fürbitte

Fürbitte aus Anlass der Veröffentlichung des Missbrauchsfalles
in einer Gemeinde unseres Kirchenkreises

Erbarmender Gott,
wir wissen, was gut ist und du bei uns suchst:
nichts anderes als Recht üben, Freundlichkeit lieben
und aufmerksam mitgehen mit dir.

Umso mehr schmerzt es uns, dass Kinder (und Jugendliche) rechtloses und grenzverletzendes Verhalten durch kirchliche Mitarbeiter erlitten haben.
Das Vertrauen der Kinder (und Jugendlichen) wurde zutiefst erschüttert.
Ihr ganzes Leben wurde gezeichnet von den Taten, denen sie ausgesetzt waren.  

Es macht uns fassungslos, dass einige weder als Kinder noch als Erwachsene bei uns in der Kirche die Hilfe und Unterstützung erhielten, die sie gebraucht hätten, um ihr Leid zu bewältigen.

Wir bringen vor dich unsere Trauer, um die verletzten Seelen und belasteten Lebensläufe der betroffenen Kinder und Jugendlichen.
Wir gedenken ihrer in der Stille.

Wir bitten dich:
Lass uns achtsam mit unserer Verantwortung für die Menschen,
die du uns anvertraust, umgehen.

Lass uns offene Augen, Ohren und Herzen für Kinder und Jugendliche haben, die uns von ihrer Not erzählen, sei es mit Worten oder mit Taten.

Hilf uns die Strukturen zu überwinden, die innerhalb der Kirche zur Verleugnung und Vertuschung von Missbrauch und sexualisierter Gewalt beitragen.

Schenke uns Einsicht, damit unsere Gemeinden Orte sind,
an denen Recht geübt und Freundlichkeit geliebt wird
und alle, die in ihnen wirken, aufmerksam mitgehen mit dir.

Amen.